Training im Spitzensport

Wie erfolgreiche Trainer Geschlechtsunterschiede wahrnehmen.

Hast du Dich schon mal gefragt, ob das Training zwischen Jungen und Mädchen unterschiedlich aufgebaut werden muss? Oder, welche Trainingsmethoden zu den größten Anpassungen in der Leistungsfähigkeit führen können? Diese Studie analysiert die Ansichten zehn erfolgreicher norwegischer Ausdauertrainer zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern im Trainingsalltag.

Das wichtigste in Kürze

  • Individuelle Unterschiede sind bedeutsamer als Geschlechtsunterschiede. 
  • Sportartspezifische Wettkampfanforderungen beeinflussen Ausgestaltung von Trainingseinheiten. 
  • Kontinuierliches Krafttraining eventuelle Leistungsreserve bei Frauen. 
  • Frauen werden oft als gewissenhafter aber auch emotionaler, sensibler und unsicherer wahrgenommen. 
  • Es braucht Zeit, um Vertrauen in einer guten Trainer-Athleten Beziehung aufzubauen. 

 

Müssen Frauen und Männer unterschiedlich trainiert werden? Obwohl sich die Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern in den letzten Jahrzehnten stabilisiert haben, existieren geschlechtsspezifische Leistungswege sowie verschiedene physiologische und psychologische Profile. Die Auswirkungen auf Trainingsvorschriften und Coaching-Praktiken sind jedoch unzureichend erforscht. Dieser Artikel zielt darauf ab Schlüsselthemen geschlechtsspezifischer Unterschiede zu identifizieren. 

 

Dabei wurden sechs übergeordnete Themen identifiziert:

 

  • Individuelle Unterschiede sind bedeutsamer als Geschlechtsunterschiede: Die Anpassung des Trainings an die individuellen Bedürfnisse sind entscheidend, um Vertrauen, Verständnis und die Grundlage für optimale Trainingsinhalte zu schaffen.  
  • Gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse: Wahrnehmung und Erwartungen können unterschiedlich bewertet werden.   
  • Sportartspezifische Wettkampfanforderungen: Viele Ausdauersportarten weisen für Frauen weniger und/oder kürzere Wettkämpfe auf, was die Ausgestaltung von Trainingseinheiten beeinflusst, um den Anforderungen des Wettkampfplans und den sportartspezifischen Voraussetzungen gerecht zu werden. Ein Beispiel hierfür im Radsport: für Frauen werden weniger und kürzere Radrennen angeboten. 
  • Physiologische Faktoren: Männer und Frauen zeigen anatomische und physiologische Unterschieden auf. Frauen zeigen möglicherweise eine geringere Toleranz gegenüber muskulären Belastungen, was die Notwendigkeit betont, Krafttraining durchzuführen und stärker zu betonen. Beobachtungen der Trainer weisen darauf hin, dass aufgrund hormonbedingter und biologischer Geschlechtsunterschiede bei Mädchen während der Adoleszenz eine Leistungsstagnation auftreten kann, im Gegensatz zu Jungen. Auch der Menstruationszyklus kann bei einigen Frauen Auswirkungen auf Belastungsverträglichkeit, Training und Leistungsfähigkeit haben. Interessanterweise unterstreichen die Trainer die Notwendigkeit eines individuellen Vorgehens und können keine allgemeingültigen Strategien beschreiben. 
  • Psychologische Faktoren: Frauen zeigen oft eine gewissenhaftere Befolgung von Trainingsplänen, werden jedoch auch häufig als emotionaler, sensibler und unsicherer wahrgenommen.   
  • Trainer-Athlet-Beziehung: Es könnte länger dauern, insbesondere für männliche Trainer, Vertrauen in einer guten Trainer-Athletin-Beziehung aufzubauen. Die Kommunikation scheint mit Athleten oft einfacher zu sein als mit Athletinnen. 

Zur Diskussion:

In den durchgeführten Interviews von Bucher Sandbakk et al. wurde deutlich betont, dass die Berücksichtigung von Individualität vor Geschlechtsunterschieden steht. Doch wie kann diese Betonung der Individualität auch im Nachwuchsleistungssport erfolgreich umgesetzt werden? Im Straßentraining bieten sich Möglichkeiten, stärkere Fahrer*innen längere Führungsanteile bei Gruppenausfahrten zu ermöglichen oder für die gesamte Gruppe Übersetzungsbeschränkungen festzulegen, um die Motorik und nicht nur die Kraftfähigkeiten in den Vordergrund zu stellen. Zudem ist es ratsam, keine fixen Wiederholungszahlen (im Athletiktraining) oder Kilometerstrecken während Belastungen (im Radtraining) vorzugeben, sondern mit zeitlichen Vorgaben zu arbeiten. Auf diese Weise kann jeder Athlet/jede Athletin in seinem eigenen Tempo das Maximum für sich herausholen. 

Die Anpassung von Trainingsinhalten an geschlechtsspezifische Wettkampfanforderungen ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Für Mädchen bedeutet dies oft die Teilnahme an kürzeren Wettkämpfen oder das Starten in der Altersklasse der Jungen. Die gemeinsame Analyse von Wettkämpfen mit den Athlet*innen kann helfen, Unterschiede in der Wettkampfgestaltung zu identifizieren. Die Einführung einer wöchentlichen „Trainingseinheit“ zur Taktikanalyse könnte hierbei unterstützen Unterschiede zwischen den Rennen gemeinsam zu entdecken. Die vertiefte Kenntnis der Unterschiede ermöglicht es Trainer*innen, spezifisches Training besser auf die individuellen Anforderungen abzustimmen. Die Identifikation, Umsetzung und Auswertung einzelner taktischer Elemente in einem nächsten Rennen unterstützt die taktische Weiterentwicklung der Sportler*innen. 

Ein herausgearbeitetes Ergebnis der Interviews war, dass regelmäßiges Krafttraining eine Leistungsreserve darstellt, besonders bei Sportlerinnen. Für den Nachwuchsleistungssport ist es daher von besonderer Bedeutung, Krafttraining in Form von Athletiktraining mit vorbereitenden Übungen frühzeitig einzuführen und zu fördern, um einen gezielten Übergang sicherzustellen. 

Die Kommunikation bildet das Grundgerüst einer erfolgreichen Trainer-Athleten-Beziehung. Es ist hilfreich, gemeinsam mit der Trainingsgruppe Kommunikationsregeln aufzustellen und klare Absprachen für Wettkampfvorbereitung und -analyse zu treffen. Ein Kommunikationsleitfaden kann die Qualität der Interaktion verbessern und in Situationen des Misserfolgs eine respektvolle Kommunikation aufrechterhalten. 

Handlungsempfehlungen: 

  • Behalte stets die individuelle Entwicklung deiner Athlet*innen im Blick und gehe so gut wie möglich auf ihre Bedürfnisse ein, um Stärken und Schwächen zu fördern. 
  • Analysiere gemeinsam mit deiner Trainingsgruppe Unterschiede in den Wettkämpfen zwischen Mädchen und Jungen und versuche vielversprechende Wettkampftaktiken in den nächsten Wettkämpfen zu übernehmen. 
  • Regelmäßiges Krafttraining kann in Ausdauersportarten eine Leistungsreserve darstellen. Lege frühzeitig die Grundlagen und integriere vorbereitende Übungen regelmäßig ins allgemeine Athletiktraining. 
  • Erstelle einen Kommunikationsleitfaden für eine gelingende Interaktion in deiner Trainingsgruppe. 

Zusammengestellt von Katharina Fischer unter Verwendung von ChatGPT. 

Bucher Sandbakk, S., Tonnessen, E., Haugen, T. & Sanbakk, O. (2022). Training and coaching of female vs. male endurance athletes on their Road to Gold. Perceptions among successful elite athlete coaches, Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 73 (7), 251-258.

Roberts, S. S., Main, L. C., Condo, D., Carr, A., Jardine, W., Urwin, C., Convit, L., Rahman, S. S., Snipe, R. M. (2022). Sex differences among endurance athletes in the pre-race relationships between sleep, and perceived stress and recovery. Journal of Sports Sciences, 40(14), 1542-1551. (https://www.sponet.de/Record/4077399)

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