Törpel, A., Schega, L., & Axtmann, J. (2019). Aktuelle Entwicklungen im Höhentraining –
Allgemeine und schwimmsportspezifische Erkenntnisse im narrativen Überblick.
Bailey, D. M., et al. (2010). Sedentary sea-level dwellers acclimatize to high-altitude hypoxia with
no improvement in maximal aerobic capacity. Journal of Physiology, 588(Pt 9), 1691-1700.
Das ABC des Höhentrainings
Praktische Tipps der A-Trainer 2024
Im Leistungssport, insbesondere im Radsport, suchen Athleten ständig nach Wegen, um ihre Ausdauer und Leistungsfähigkeit zu optimieren. Das Höhentrainingslager, in der Regel ab 2000 Metern über dem Meeresspiegel, ist eine Methode, die gezielt genutzt wird, um die aerobe und anaerobe Leistungsfähigkeit zu verbessern und den Sauerstofftransport im Körper zu optimieren. Ein Trainerteam der A-Trainerausbildung 2024, beantwortet Dir die wichtigsten Fragen.
Höhentraining Periodisierung
Beim Höhentraining empfiehlt es sich Höhenketten zu bilden, was bedeutet Höhentrainings zu periodisieren und wiederholt in der Jahresplanung einzubauen. Dadurch kann sich langfristig ein höheres Leistungsniveau einstellen. Außerdem vermehren sich durch regelmäßige Höhentrainingslager Erfahrungswerte, wodurch Fehler minimiert werden können und Training individueller gestaltet werden kann. Zum Beispiel kann die Anpassungszeit in der Höhe verkürzt werden.
Höhentraining Wettkampf-Timing
Das Timing des HT muss berücksichtigen, dass in der Sportpraxis sowie in der Wissenschaft drei zeitliche Phasen der Leistungsfähigkeit nach einem HT diskutiert werden:
Tag 1-4: Leistungssteigerung
Tag 3-14: Reakklimatisierung – instabile Phase; Leistungseinbußen sind möglich (Zeitraum individuell verschieden, kann mitunter auch ausbleiben).
Tag 14-21: Leistungssteigerung
Es bietet sich an, die individuelle Leistungsfähigkeit nach erfolgtem HT zu dokumentieren.
Höhentraining – Wozu?
Die physiologischen Anpassungen, die durch das Training in Höhenlagen erreicht werden, wie die Erhöhung der Hämoglobinmasse und die Steigerung der Sauerstofftransportkapazität, sind für die Verbesserung der Ausdauerleistung entscheidend. Die optimale Planung des Trainings und die Berücksichtigung individueller Reaktionen ist besonders wichtig, um das volle Potenzial des Höhentrainings auszuschöpfen und die Durchführung sicher gewährleisten zu können.
Durch die reduzierte Sauerstoffverfügbarkeit in der Höhe stimuliert der Körper die Produktion von Erythropoetin (EPO), was zu einer Erhöhung der Hämoglobinmasse und der roten Blutkörperchen führt. Diese Anpassung steigert die Sauerstofftransportkapazität des Blutes und verbessert die VO2max. Zudem fördert das Höhentraining die Kapillarisierung der Muskulatur. Mehr Kapillaren
ermöglichen eine effizientere Sauerstoffversorgung und -nutzung im Muskelgewebe, was die Energieproduktion optimiert und die Ausdauerleistung weiter steigert. Durch den erhöhten Sauerstoffbedarf unter hypoxischen Bedingungen wird der Körper gezwungen, früher auf die anaerobe Energiebereitstellung zurückzugreifen. Zudem fördert die Hypoxie die mitochondriale Funktion, wodurch die Zellen in der Lage sind, auch unter Sauerstoffmangel effizient Energie bereitzustellen.
Höhentraining – Aber wie?
Man kann zwischen natürlichem und simuliertem Höhentraining unterscheiden. Das natürliche Höhentraining wird in den Bergen durchgeführt, während beim simulierten Höhentraining Höhenkammern, spezielle Hotels oder Atemmasken zum Einsatz kommen. Die zwei gängigsten Methoden sind Live High – Train High (LHTH) und Live High – Train Low (LHTL).
Bei LHTH leben und trainieren die Athleten in der Höhe, für mindestens 2-4 Wochen. Der Nachteil ist, dass die Trainingsintensität durch den niedrigeren Sauerstoffpartialdruck reduziert werden muss. Dies führt zu einer Abnahme der aeroben Kapazität, was die Planung der Trainingsbelastung beeinflusst. Als Richtwert kann eine Reduktion um 6,5% der körperlichen Leistungsfähigkeit je 1000 Höhenmeter angenommen werden.
LHTL bedeutet, dass die Athleten in der Höhe leben, aber auf niedrigerer Höhe trainieren. Empfohlen wird eine Trainingshöhe von 800 bis 1500m über dem Meeresspiegel. Dieser Ansatz erfordert den Aufenthalt von mindestens 3-4 Wochen mit mindestens 12 Stunden pro Tag in der Höhe. Nach der Akklimatisierung kann die Trainingsintensität aufrechterhalten werden, was es zu einem praktikablen Modell macht, da die negativen Auswirkungen auf die Trainingsplanung minimiert werden.
Vorbereitung:
Zum Höhentrainingslager sollten die Athleten in einem ausgeruhten Zustand anreisen und sicherstellen, dass die Eisenwerte medizinisch kontrolliert werden, um einen Mangel aufgrund der Anpassungen zu vermeiden. Außerdem sollte die Anreise in gutem Trainingszustand erfolgen, um eine optimale Leistungsfähigkeit zu gewährleisten.
Ernährung:
Unmittelbar vor und während des Höhentrainings ist eine ggf. supplementierte eisenreiche und kohlenhydratreiche Ernährung wichtig, um die Energiereserven zu maximieren und die Produktion roter Blutkörperchen zu unterstützen. Die Athleten sollten außerdem ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen und darauf achten, dass keine Kalorien-Defizite entstehen, um die körperlichen
Anforderungen zu bewältigen.
Durchführung:
Die ersten Tage sollten der Akklimatisierung ohne intensive Belastung gewidmet sein. Das Training startet mit geringer Intensität, wobei auf längere Erholungszeiten zwischen den Einheiten geachtet werden muss. Diese Regenerationsphasen sind in der Höhe länger als unter normalen Bedingungen.
Monitoring:
Während des gesamten Trainings sollten verschiedene Parameter überwacht werden, um den Gesundheitszustand der Athleten und die Anpassung an die Höhe kontinuierlich zu bewerten. Dies stellt sicher, dass sie sich optimal anpassen und mögliche gesundheitliche Risiken vermieden werden. Wichtige Parameter sind neben den Eisenwerten die Herzfrequenz (in Ruhe & HRV), die Sauerstoffsättigung, das Körpergewicht und der Urinfärbung.
Zielgruppe:
Höhentraining eignet sich primär für Ausdauerdisziplinen des Radsports. Dabei empfiehlt sich das Höhentraining vor allem für Radsportler mit einem sehr hohen Leistungsniveau. Außerdem sollten Athleten und Athletinnen die Möglichkeit haben ein Höhentraining mehrmals in einem Trainingsjahr einzubauen. Dementsprechend ist diese Trainingsart für Hobbysportler ungeeignet.
Günstige Standorte für ein Höhentraining:
Bei der Standortwahl für das Höhentraining unterscheidet man zwischen natürlich und simuliert. Dabei kommen in Europa im natürlichen Bereich vor allem der Teide auf Teneriffa, Kühtai in Österreich, Tignes in Frankreich, oder Sierra Nevada in Frage. In Südamerika und den Vereinigten Staaten finden sich Standorte wie Mexico oder Utah/Colorado. Simulierte Standorte für Höhentraining findet man in Deutschland oder Spanien wieder.
Dos – Don’ts
Do’s
• Anreise nur im stabilen Gesundheitszustand
• Gute aerobes Leistungsniveau
• KLD vor HT empfehlenswert
• Prüfung vorab des Eisenspiegels (Ferritin) empfehlenswert
• Ausreichende Kohlenhydrat- / Eiweißzufuhr, möglichst schnell nach dem Training
• Trinkmengen erhöhen (pro 1000 Höhenmeter zusätzlich 1 Liter/Tag)
• Bei Training über 90 Minuten sind isotonische Getränke zuzuführen
• Passende Kleidung, um für Temperaturschwankungen gewappnet zu sein (gerade in Europa!)
• Während der ersten Tage ruhiges Grundlagentraining
• Unbedingt testen und protokollieren, wie der Körper auf HT und Höhe reagiert
(insbesondere, wenn das HT zum ersten Mal stattfindet)
• Beachte den logistischen Aufwand
• Beachte den Einfluss auf die Muskelmasse
• Fehlerquellen in der Trainingsgestaltung beachten
Dont’s
• Kein Monitoring
• Krank oder untrainiert in das HT reisen
• Diät im HT
• Trainingsumgebenden Situationen (z.B. Schlaf und Stimmungslage) KEINE Beachtung
schenken
• Hohe Belastungsumfänge in den ersten Tagen des HT
• Intensitäten in den ersten Tagen des HT
• Zu kurze Erholungsphasen zwischen den Trainingseinheite
Pros:
• Verbesserte Sauerstofftransportkapazität
• Muskuläre Anpassungen, Erhöhung Anzahl + Dichte Mitochondrien
• Verbesserte anaerobe Leistungsfähigkeit
• Sehr gute Trainingsbedinungen, z. B. Berge etc
• Verbesserte Regeneration durch Fokus auf Training und Erholung
Cons
• Einfluss auf Muskelmasse
• Hohes Risiko an Fehlerquellen i.d. Trainingsgestaltung
• Hoher logistischer, organisatorischer und finanzieller Aufwand
Fazit:
Im Spitzensport: Machen!
Hintergrund:
Im Zuge der A-Trainer Radsport Ausbildung 2024 wurde dieser Artikel im Workshop erarbeitet.
Theo Reinhardt, Hauke Schwarm, Roberto Vukovic, Lars Goldmann, Jörg Selbmann,
Andreas Hirschligau, Andreas Jung, Michael Weins, Sven Schreiber, Eva Barthelmes, Jan
Griewald, Ilya Volkau, Nico Burkhardt, Jakob Bernhart