Tief durchatmen

Atemtechnik für optimale Leistungsfähigkeit

Atemtechniken sind ein zentrales Werkzeug im Sport, um die physiologische und psychologische Leistungsfähigkeit zu optimieren. Besonders im Radsport, wo Ausdauer, Konzentration und effiziente Energiebereitstellung entscheidend sind, können gezielte Atemübungen wie Box Breathing einen wertvollen Baustein darstellen, damit Athleten (und Trainer!) sich optimal regulieren können. Dieser Beitrag zeigt auf, wie Atemtechniken die Aktivierungsregulation von Radsportlern verbessern und ihre Leistung steigern können.

Das wichtigste in Kürze

  • Atemtechniken regulieren das autonome Nervensystem: sie können die Aktivität des Parasympathikus stärken, was Erholungsprozesse fördert.
  • Box Breathing verbessert die Fokusfähigkeit: Studien deuten auf eine Verbindung zwischen kontrollierter Atmung und verbesserter kognitiver Leistung hin (Buchanan & Janelle, 2022).
  • Atemkontrolle steigert die physiologische Effizienz: Atemkontrolle kann die Sauerstoffaufnahme optimieren, allerdings sind sportartspezifische Daten begrenzt.
  • Emotionale Regulation: erste Hinweise zeigen, dass Atemübungen Wettkampfstress reduzieren können, jedoch fehlen Langzeitstudien im Radsport.

Warum Atemtechniken im Radsport?

Radsportler sind hohen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Lange Trainingsstrecken, Wettkampfdruck und die Notwendigkeit, Energie effizient zu nutzen, erfordern eine präzise Steuerung der körperlichen und mentalen Ressourcen. Atemtechniken wie Box Breathing (4-4-4-4-Atmung: 4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden ausatmen, 4 Sekunden pause) bieten hier eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, um:

  • Die Herzfrequenz zu stabilisieren,
  • Die Sauerstoffversorgung zu optimieren,
  • Die mentale Fokussierung zu verstärken.

Dabei stellt man sich eine Box vor, an der man links beim Einatmen hoch wandert, dann nach rechts, während der Atem gehalten wird, an der rechten Seite runter beim Ausatmen und zuletzt wieder nach links beim Halten des Atems.

Wissenschaftliche Grundlagen

Studien zeigen, dass kontrollierte Atmung die Herzratenvariabilität (HRV) erhöht, ein Marker für die Anpassungsfähigkeit des autonomen Nervensystems (Pelka et al., 2017). Eine hohe HRV korreliert mit besserer Stressresistenz und schnellerer Regeneration – entscheidend für Radsportler in verschiedensten Situationen.

Zudem aktiviert Box Breathing den Parasympathikus, der für Entspannung und Erholung zuständig ist. Dies hilft übermäßige Aktivierung (z. B. durch Wettkampfstress) auszugleichen und eine optimale Leistungsbereitschaft zu erzeugen (Buchanan & Janelle, 2022). Wichtig dabei ist: jede Person hat einen individuell optimalen Bereich der Aktivierung, das Ziel sollte es also nicht immer sein solche Techniken zur Beruhigung zu nutzen – es ist viel mehr ein Werkzeug, dass man nach Bedarf nutzen kann, um das individuell passende Aktivierungslevel zu erreichen.

Sollte dieses angestrebte Level eher hoch sein, so kann es sich z.B. lohnen eher schnellere Atemzüge zu nutzen.

Praktische Anwendung im Radsport

1. Vor dem Rennen: Aktivierung und Fokussierung

Box Breathing (4-4-4-4):

    • Reduziert Nervosität und fördert mentale Klarheit.
    • Bereitet den Körper auf die Belastung vor, ohne Übererregung.

2. Während des Rennens: Energieerhaltung

Rhythmische Atmung (z. B. 2:1-Atmung: 2 Pedalumdrehungen einatmen, 1 ausatmen):

    • Synchronisiert Atmung und Bewegung, um Energie effizient zu nutzen.
    • Verhindert Hyperventilation und frühzeitige Ermüdung.
    • Sollte geübt und entsprechend individualisiert werden.

3. Nach dem Rennen: Regeneration

Tiefe Bauchatmung (6 Sekunden ein, 6 Sekunden aus):

    • Aktiviert den Parasympathikus und beschleunigt die Erholung.
    • Reduziert muskuläre Verspannungen und senkt die Herzfrequenz, jedoch ist die direkte Wirkung für muskuläre Regeneration noch nicht ausreichend erforscht.

Anwendung im Trainingsalltag:

Box Breathing und ähnliche Atemtechniken sollten in den regulären Trainingsalltag integriert werden, können aber auch im normalen Alltag praktiziert werden. Ob beim Grundlagentraining oder im Supermarkt in der Schlange vor der Kasse: je mehr Gelegenheiten genutzt werden, desto belastbarer wird diese Fertigkeit unter Wettkampfbedingungen. Es lohnt sich also auch im normalen Trainingsbetrieb bestimmte Zeitfenster dafür zu nutzen, um diese Techniken zu vermitteln und üben zu lassen.

Fazit:

Atemtechniken wie Box Breathing sind ein einfaches, aber hochwirksames Tool für Radsportlern. Sie verbessern nicht nur die physiologische Leistungsfähigkeit, sondern auch die mentale Leistungsfähigkeit – entscheidend für Erfolg im Wettkampf. Durch regelmäßiges Training der Atemkontrolle können Athlet:innen ihre Aktivierungsregulation optimieren und so ihr volles Potenzial ausschöpfen.

Artikel: Paul Schlütter ist Teil des German Cycling-Bildungsteams und Referent des Kurses: GC-RadCoach Pro – Coaching im Radsport

  • Buchanan, T. L., & Janelle, C. M. (2022). Emotions and ensuing motor performance are altered by regulating breathing frequency: Implications for emotion regulation and sport performance. Frontiers in Psychology, 13, 963711. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.963711

 

  • Pelka, M., Kölling, S., Ferrauti, A., Meyer, T., Pfeiffer, M., & Kellmann, M. (2017). Acute effects of psychological relaxation techniques between two physical tasks. Journal of Sports Sciences, 35(3), 216–223. https://doi.org/10.1080/02640414.2016.1161208

 

  • Silva, A. F., Cavazzotto, T. G., & Lima, G. H. O. (2023). Effects of breathing techniques on performance in cyclists: A systematic review. Research, Society and Development, 12(1), e121246759. https://doi.org/10.33448/rsd-v12i1.46759

 

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