Grenzen und Kooperation

Das Arbeiten mit Eltern aus Trainersicht

Der Umgang mit Eltern ist eine der komplexesten Aufgaben im Traineralltag, besonders im Jugend- und Nachwuchsleistungssport. Eltern spielen eine zentrale Rolle im Entwicklungsprozess von Athleten – sie können zugleich wertvolle Unterstützer, aber auch ungewollte Hindernisse sein. In diesem Blogbeitrag möchte ich darauf eingehen, wie Trainerinnen und Trainer effektive und harmonische Beziehungen zu Eltern aufbauen können, um die Entwicklung ihrer Athleten nachhaltig zu unterstützen.

Die Rolle der Eltern im Sport

Eltern sollten als Partner im Entwicklungsprozess der Athleten gesehen werden. Klare Kommunikation, respektvolle Zusammenarbeit und eine klare Rollentrennung sind essenziell. Trainer können durch gezielte Gespräche und Schulungen helfen, unrealistische Erwartungen der Eltern zu korrigieren. Konflikte lassen sich durch Offenheit und das Setzen von Grenzen entschärfen. Ein Fokus auf das Wohl des Kindes sollte immer im Mittelpunkt stehen.

 

Kommunikation als Schlüssel

1. Klare Rollentrennung

Eltern müssen verstehen, dass ihre Hauptaufgabe darin besteht, ihre Kinder emotional zu unterstützen und nicht in die Arbeit der Trainer einzugreifen. Insbesondere in Konstellationen, in denen Eltern selbst aus dem Sport kommen, ist es wichtig entsprechende Grenzen zu setzen – Feedback der Eltern bezüglich des Trainings sollte man durchaus erlauben, solang dies konstruktiv und mit realistischen Erwartungen kommuniziert wird. Konflikte entstehen oft, wenn Eltern versuchen ihre Rolle als Elternteil zu verlassen und beginnen selbst als Trainer zu fungieren. Trainer können dies verhindern, indem sie zu Beginn der Saison klare Rollen definieren. Hilfreich kann es hier insbesondere sein, wenn Eltern spezifische Handlungen aufgezeigt werden, denen sie in einer unterstützenden Rolle nachgehen können (z.B. logistische Unterstützung, das Wahrnehmen von Weiterbildungsangeboten für Eltern, etc.)

2. Regelmäßige Updates und Feedback

Eltern sind oft besorgt über die Entwicklung ihrer Kinder. Regelmäßige Gespräche, in denen Fortschritte, Ziele und Entwicklungsfelder offen kommuniziert werden, helfen Missverständnisse zu vermeiden. Wie ausführlich dies geschieht ist jeder Trainer:in selbst überlassen.

3. Empathie und Verständnis zeigen

Eltern handeln meist aus einer Perspektive der Sorge oder des Wunsches, das Beste für ihr Kind zu erreichen. Dies zu erkennen und wertschätzend mit ihren Bedenken umzugehen, kann eine positive Dynamik schaffen. Das ist recht simpel: die Aussagen der Eltern aufgreifen und sie in den Kontext der Fürsorge zu versetzen, um dieses Verständnis zu zeigen.

 

Management unrealistischer Erwartungen

Häufig haben Eltern unbewusst unrealistische Erwartungen an die sportlichen Fertigkeiten oder die Karrierechancen ihrer Kinder. Dies kann zu Spannungen führen, sowohl zwischen Trainern und Eltern als auch zwischen Eltern und Kindern. Solch unrealistische Erwartungen korrelieren in der Regel auch mit dem Erleben von Stress der Athlet:innen, was langfristig problematisch werden kann.

Trainer können folgende Ansätze nutzen um, bei Bedarf, damit umzugehen:

  • Aufklärung über Entwicklungsprozesse: Eltern sollten verstehen, dass sportlicher Erfolg ein langfristiger Prozess ist und nicht jeder Wettkampf gewonnen werden kann. Eltern sollten im Bilde über die Wahrnehmung des Entwicklungsprozesses haben, die ich als Trainer von Athleten habe.
  • Ziele gemeinsam definieren: realistische und prozessorientierte Ziele reduzieren Leistungsdruck. Hierbei ist wichtig, dass die Zielsetzung in erster Linie durch die Athleten erstellt wird und Eltern diese mittragen. Denn: am Ende geht es immer um das Wohlbefinden der Athleten und deren Autonomie sollte stets eine wichtige Rolle spielen.
  • Positive Werte betonen: es kann auch hilfreich sein bewusst weg von Ergebniszielen und hin zu Meilensteinen in wertebasiertem Verhalten zu gehen. So ist es im Nachwuchsbereich wichtiger, dass eine Athletin oder Athlet sich nach einem Materialfehler im Rennen aufrafft und wieder Plätze gutmacht, als die Platzierung selbst.

 

Konflikte entschärfen

Konflikte mit Eltern sind nicht immer vermeidbar. Wichtig ist, konstruktiv damit umzugehen:

  • Frühzeitiges Ansprechen: Probleme sollten angesprochen werden, bevor sie eskalieren. Ein persönliches Gespräch ist oft effektiver als der Austausch über E-Mails oder Nachrichten.
  • Grenzen setzen: Wenn Eltern wiederholt in die Arbeit der Trainer:innen eingreifen, ist es wichtig, klare Grenzen aufzuzeigen. Gegebenenfalls ist es lohnenswert in solchen Situationen die Rollenklärung erneut aufzuarbeiten.
  • Neutral bleiben: Konflikte sollten sachlich und ohne Schuldzuweisungen behandelt werden. Der Fokus sollte immer auf dem Wohl des Kindes liegen. Mehr gemeinsam gegen die Situation als in der Situation gegeneinander.

Eltern als Partner einbinden

Trotz potenzieller Herausforderungen sollten Eltern als Partnergesehen werden. Ihre Unterstützung ist wertvoll, und Trainer können von einem positiven Eltern-Trainer-Verhältnis profitieren:

  • Workshops für Eltern: Schulungen können helfen, Eltern für Themen wie Leistungsdruck, Motivation und die Rolle des Sports im Leben ihrer Kinder zu sensibilisieren.
  • Dankbarkeit zeigen: Anerkennung und Wertschätzung für die wertvollen Beiträge, welche Eltern für ihre Kinder leisten, unterstützen eine produktive Kooperation.

 

Fazit

Eltern sind unverzichtbare Begleiter im Leben junger Athleten und können sowohl eine enorme Stütze als auch eine Herausforderung sein. Durch klare Kommunikation, Empathie und das Setzen von Grenzen können Trainer eine harmonische Zusammenarbeit mit Eltern schaffen. Dabei sollte immer das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen. Denn letztlich teilen alle Beteiligten das gleiche Ziel: junge Athleten zu unterstützen, ihre sportlichen und persönlichen Ziele zu erreichen und dabei nachhaltig Freude am Sport zu haben.

Artikel: Paul Schlütter ist Teil des BDR-Bildungsteams und Referent des Kurses: BDR-RadCoach Pro – Coaching im Radsport

Das wichtigste in Kürze

  • Eltern sollten als Partner im Entwicklungsprozess der Athleten gesehen werden.
  • Klare Kommunikation, respektvolle Zusammenarbeit und eine klare Rollentrennung sind essenziell.
  • Trainer können durch gezielte Gespräche und Schulungen helfen, unrealistische Erwartungen der Eltern zu korrigieren.
  • Konflikte lassen sich durch Offenheit und das Setzen von Grenzen entschärfen.
  • Ein Fokus auf das Wohl des Kindes sollte immer im Mittelpunkt stehen.

Reimann, G., Grundig, M., & Nagel, R. (2023). Hilfe, mein Kind macht Leistungssport! Ein Ratgeber für Eltern (2. überarbeitete Auflage). Dresden: Selbstverlag.

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